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Landgericht Bochum spricht René Schnitzler frei

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Landgericht Bochum

Landgericht Bochum

Nicht ganz glücklich schien Oberstaatsanwalt Andreas Bachmann zu sein, als das Bochumer Landgericht am vergangenen Donnerstag unter dem Vorsitz von Richter Culemann den früheren FC St. Pauli-Profi René Schnitzler vom Vorwurf der Beihilfe zum gewerbsmäßigen Betrug zum Nachteil asiatischer Wettanbieter freigesprochen hatte. Schnitzler war lediglich wegen versuchter Steuerhinterziehung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt worden. Die Staatsanwaltschaft hatte immerhin eine Freiheitsstrafe von 2 Jahren – wenn auch mit Strafaussetzung zur Bewährung – beantragt.

Der mitangeklagte holländische “Wettpate” Paul Rooij wurde in einem Anklagepunkt freigesprochen. Im Übrigen wurde das Verfahren gegen ihn eingestellt, weil das Gericht seine Zuständigkeit verneinte. Der ebenfalls mitangeklagte Uli H., der gemeinsam mit Schnitzler von Rooij einen insgesamt sechsstellingen Betrag als vermeintliches Bestechungsgeld erhalten hatte, wurde ebenfalls freigesprochen.

Ebenso wie die Verteidigung ist die Kammer ausweislich der mündlichen Urteilsbegründung davon ausgegangen, dass nicht erwiesen sei, dass Schnitzler tatsächlich Fußballspiel seines Vereins manipuliert hat oder manipulieren wollte. Insbesondere hätten sich keine Hinweise darauf ergeben, dass Schnitzler andere St-Pauli-Spieler in Manipulationen einbezogen oder Bestechungsgeld an sie weitergeleitet hätte. Es könne jedenfalls nicht widerlegt werden, dass dem Wettpaten lediglich vorgespielt worden sei, dass Spiele manipuliert werden sollten, um ihn zur Zahlung zu veranlassen. Das könne ein Betrug zu seinem Nachteil gewesen sei, bei dem es sich allerdings um andere prozuessuale Taten  handeln würde, die nicht angeklagt seien.

Die Kammer hat sich im Ergebnis meiner Argumentation angeschlossen, wonach Paul Rooij lediglich einen untauglichen Versuch des Betruges zum Nachteil der Wettanbieter unternommen haben, weil er irrig davon ausging, die bewetteten Spiele seien manipuliert. Die Anstiftung oder Beihilfe hierzu durch Schnitzler und Uli H. sei aber nicht strafbar, weil diese keinen Vollendungsvorsatz gehabt hätten. Bingo!

Damit verblieb bei René Schnitzler nur noch der Vorwurf der Steuerhinterziehung, weil er mindestens 60.000 Euro Eigenanteil an den Bestechungsgeldern nicht beim Finanzamt angegeben hatte. Insoweit komme aber, so das Gericht, nur eine Versuchsstrafbarkeit in Betracht, weil die wesentlichen Veranlagungsarbeiten des zuständigen Finanzamtes für den Tatzeitraum 2008 zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Ermittlungsverfahrens noch nicht abgeschlossen waren und der Steuerpflichtige danach bis zum Abschluss des Verfahrens keine Verpflichtung mehr gehabt hat, die Beträge nachzuerklären, weil er sich nicht selbst belasten muss. Auch insoweit hat die Kammer sich der Argumentation der Verteidigung angeschlossen. Die Staatsanwaltschaft hatte das ebenso gesehen. Ui H. war wegen der Steuerhinterziehung gar nicht erst angeklagt worden.

Soweit bei Paul Rooij der versuchte Betrug zum Nachteil asiatischer Wettanbieter verblieb, hat das Gericht – auch insoweit der Argumentation der Verteidigung folgend – das Verfahren eingestellt, weil kein Inlandsbezug festgestellt werden konnte. Die Bestechungsabrede und die Auszahlung der Gelder seien in den Niederlanden erfolgt. Von dort aus habe Rooij seine Wetten telefonisch bei asiatischen Anbietern platziert. Anhaltspunkte dafür, dass auch in Deutschland Wetten gesetzt wurden, habe die Beweisaufnahme nicht erbracht.

Eine Haftentschädigung für die erlittene Untersuchungshaft hat das Gericht Paul Rooij allerdings versagt, weil dieser jedenfalls Straftaten begangen habe und insoweit  die Auslieferung nach Deutschland und die dortige Haft selbst verschuldet habe. Ob Rooij bzw. sein Verteidiger hiergegen Beschwerde einlegt, wird abzuwarten bleiben.

Ebenfalls abzuwarten bleibt, ob die Staatsanwaltschaft gegen das Urteil Revision einlegen wird. Ich prognostiziere mal, dass sie sich das nicht nehmen lassen wird. Allerdings halte ich es nicht für unwahrscheinlich, dass die Revision nach Vorlage des schriftlichen Urteil zurückgenommen wird, weil die Argumentation der Kammer zutreffend ist und rechtlich auch vor dem Bundesgerichtshof Bestand haben dürfte. Aber sicher wissen kann man das ja nie.


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